Interview mit Stefanie und Sam vom veganen Foodblog «The Lucky Tofu»

Seit einigen Jahren steht der Januar ganz im Zeichen der pflanzlichen Ernährung. Der Veganuary soll Menschen dazu animieren, vegane Gerichte auszuprobieren. Wir wollten wissen, was es damit auf sich hat und haben uns mit Stefanie und Sam vom veganen Foodblog «The Lucky Tofu» unterhalten.

Was bedeutet der Veganuary für euch?

Stefanie: Es ist ein sehr spannender Monat für uns. Das Interesse an veganer Ernährung ist in dieser Zeit aussergewöhnlich gross. Wir merken, dass sich die Leute positiv mit dem Thema auseinandersetzen. Oft kommen Freunde und Bekannte auf uns zu, von denen wir nicht gedacht hätten, dass sie sich für pflanzliche Ernährung interessieren. Das sind immer sehr gute Gespräche.

Sam: Wir haben auch den Eindruck, dass die Aufmerksamkeit von Jahr zu Jahr grösser wird.

Wie seid ihr darauf gekommen, euch vegan zu ernähren?

Stefanie: Wir haben uns lange Zeit vegetarisch ernährt. Ich habe noch nie besonders viel Fleisch gegessen, vor allem aus Liebe zu den Tieren. Bei Sam war die Veränderung einschneidender.

Sam: Ja, ich war früher ein richtiger «Fleischtiger». Auf einer Reise durch Japan habe ich mich mit der Geschichte des Landes beschäftigt, in der es eine längere Phase gab, in der sich Japanerinnen und Japaner fast ausschliesslich pflanzlich ernährt haben. In einem Zen-Kloster habe ich damals die vegetarische Ernährung ausprobiert und war fasziniert, wie gut das Essen war. Nach meiner Rückkehr wollte ich versuchen zwei Wochen lang auf Fleisch zu verzichten. Seitdem habe ich nie wieder Fleisch gegessen.

Stefanie: Der Übergang von vegetarisch zu vegan war fliessend. Wir haben immer mehr tierische Produkte ersetzt und irgendwann beschlossen, uns nur noch plant-based zu ernähren.

Gab es besondere Herausforderungen bei der Umstellung auf eine vegane Lebensweise?

Sam: Am schwierigsten war es, auf den Käse zu verzichten. Ich glaube, das war die grösste Herausforderung - grösser als auf Fleisch zu verzichten. Milch, Butter oder Eier kann man relativ einfach ersetzen. Wir haben auch gemerkt, dass man sie oft gar nicht braucht, damit ein Gericht gelingt, aber Käse war echt schwierig.

Stefanie: Gerade in der Schweiz, wo wir gerne Fondue und Raclette essen, war dieser Teil der Umstellung nicht einfach. Interessant war aber, dass der «Gluscht» nach Käse mit der Zeit abgenommen hat.

Sam: Inzwischen haben wir natürlich auch unsere Tricks. Zum Beispiel schmeckt eine Käseschnitte mit einer selbstgemachten Käsealternative wie das Original.

Wo habt ihr euch während der Umstellung die Ideen für vegane Gerichte geholt?

Stefanie: Am Anfang standen wir irgendwie mit leeren Händen da. Die meisten haben so eine Art «Repertoire» an Gerichten, die sie so im Alltag kochen. Das mussten wir natürlich von Grund auf neu aufbauen. Wir haben aber schnell gemerkt, dass das gar kein Problem ist, weil wir viele der Gerichte mit überschaubaren Anpassungen auch vegan zubereiten konnten.

Sam: Das war auch eine spannende Herausforderung. Wenn man Fleisch isst, dann steht das meistens im Mittelpunkt – es heisst ja auch «alles andere ist Beilage». Wir mussten also unseren Fokus auf die «Beilagen» verlagern und waren erstaunt, wie kreativ wir dabei sein konnten.

Was haltet ihr von veganen Gerichten, die an traditionelle Gerichte angelehnt sind?

Sam: Das ist ein Punkt, der viel diskutiert wird. Wir werden oft gefragt, warum es denn veganes Cordon bleu oder pflanzliches Zürcher Geschnetzeltes geben muss, wenn wir doch keine tierischen Produkte essen wollen. Aber wir leben ja nicht vegan, weil wir tierische Produkte nicht mögen, sondern aus ethischen Gründen.

Stefanie: Essen ist etwas Emotionales. Viele Gerichte sind mit Erinnerungen verbunden und auch wenn wir vegan leben, wollen wir diese nicht missen. Deshalb veganisieren wir das Essen mit dem wir aufgewachsen sind, das uns durch unser Leben begleitet hat.

Was würdet ihr Menschen raten, die mit dem Gedanken spielen, vegan zu leben?

Stefanie: Probiert es einfach aus! Der Veganuary ist eine gute Gelegenheit dazu. Ich finde es wichtig, dass man das nicht zu verbissen sieht, sondern sich langsam herantastet. Pflanzliche Ernährung soll vor allem Spass machen. Es ist oft einfacher, einfach einmal in der Woche ein veganes Gericht zu geniessen, als von heute auf morgen komplett alles umzustellen.

Sam: Man muss sich auch nicht zwingend nur noch vegan ernähren. Wir kennen viele, die ein- oder zweimal pro Woche pflanzlich kochen und sich sonst flexitarisch ernähren. Das ist eine persönliche Entscheidung.

Welche Tipps habt ihr für Gastgeber, die jemanden einladen, der sich pflanzlich ernährt?

Sam: Zum Glück ist das heute keine so grosse Herausforderung mehr. Vor ein paar Jahren war das noch anders. Mittlerweile gibt es eine grosse Auswahl an veganen Alternativen in den Läden. Was wir auf keinen Fall empfehlen würden, ist ein separates Menü zu kochen. Es macht mehr Sinn, das Menü so zu wählen, dass man für einen Teil eine pflanzliche Alternative verwenden kann.

Stefanie: Es gibt auch Dinge, bei denen man keinen Unterschied zum konventionellen Produkt schmeckt. Mayonnaise zum Beispiel schmeckt vegan genau gleich. Da kann man dann eine Salatsauce ganz einfach für alle machen. Auch vegane Bratensauce schmeckt super.

Wie seht ihr die Zukunft der veganen Ernährung?

Sam: Zurzeit ernähren sich in der Schweiz gemäss Erhebungen der Veganen Gesellschaft Schweiz rund 40’000 Menschen vegan. Das sind etwa 0.6% der Bevölkerung. Wir machen uns keine Illusionen, dass sich diese Zahl in naher Zukunft signifikant erhöhen wird. Gleichzeitig steigt aber die Zahl der verkauften veganen Produkte stark an. Bei den Grossverteilern ist in der Schweiz jeder fünfte verkaufte Burger vegan. Das Angebot an veganen Produkten wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut.

Stefanie: Dass der Detailhandel so stark aufrüstet, ist ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage steigt. Es wird in Zukunft sicher noch etwas mehr Veganerinnen geben, aber den grossen Treiber sehen wir aber bei den Flexitariern, also Menschen, die weiterhin tierische Produkte konsumieren, dies aber bewusster tun und gleichzeitig mehr pflanzliche Lebensmittel in ihre Ernährung integrieren.

Was hat euch dazu motiviert, einen veganen Foodblog zu starten?

Stefanie: Irgendwie fanden wir die vegane Sache ziemlich unentspannt. Alles war so ernst und streng, voller Gebote und Verbote. Dabei kann pflanzliche Ernährung so viel Spass machen. Wir wollten zeigen, wie gut veganes Essen schmeckt und dass es alles andere als Verzicht bedeutet.

Sam: Es war auch ein Ziel von uns, die vegane Ernährung aus der «Körnlipicker»-Ecke herauszuholen. Wir sind ganz normale Menschen, die gerne geniessen. Das ist überhaupt kein Widerspruch. Mit unserem Foodblog sind wir keine Aktivisten, sondern wollen einfach unsere Community inspirieren, leckere Gerichte zu kochen.

Was sind eure Pläne für die Zukunft mit The Lucky Tofu?

Sam: In den nächsten Tagen werden wir unser zweihundertstes Rezept veröffentlichen. Das ist ein grosser Meilenstein für uns. Doch es gibt noch so viele Gerichte, die uns persönlich am Herzen liegen, die aber noch nicht den Weg in unseren Blog gefunden haben. Wir werden das Angebot also weiter ausbauen.

Stefanie: Neben unserem Foodblog gibt es dieses Jahr ein neues, grosses Projekt, an dem wir arbeiten: Unser erstes Kochbuch. Wir waren schon immer grosse Fans von Kochbüchern. Irgendwie hat so etwas Physisches eine ganz andere Wirkung.

Wer sind eure Vorbilder? Wer inspiriert euch kulinarisch?

Sam: Kochen hat mir schon immer Spass gemacht. In der Kochschule wollten meine Mitschülerinnen und Mitschüler immer zu mir in die Gruppe. Sie fanden, dass es bei mir immer etwas Leckeres zu essen gibt. Richtig übergesprungen ist der Funke dann mit der ersten TV-Show von Tim Mälzer. Diese kreative Leichtigkeit, mit der er spontan Gerichte zauberte, hat mich beeindruckt.

Stefanie: Bei der Umstellung auf die vegetarische Ernährung haben uns die Kochbücher von Yotam Ottolenghi inspiriert. Sie haben uns gezeigt, wie unglaublich viele Möglichkeiten es gibt. Heute inspirieren uns vor allem unsere Reisen. Andere Länder und Kulturen geben uns immer wieder neue Ideen.

Wie müssen wir uns das vorstellen, wenn ihr zusammen ein neues Gericht kreiert?

Sam: Am Anfang recherchieren wir viel, vor allem, wenn es sich um Gerichte aus fernen Ländern handelt, die wir unterwegs einmal probiert haben. Dann machen wir einen Entwurf des Rezepts und testen, ob es funktioniert.

Stefanie: In der Küche ist es bei uns immer lustig. Es läuft Musik, oft hilft uns meine Mama, dazu gibt es auch gerne mal ein Glas Wein und unser Hund Gigi schaut dem Treiben interessiert aus seinem Körbchen zu.

Sam: Ja, und wenn mal etwas auf den Boden fällt, ist er schnell da, um es zu stibitzen.

Stefanie: Bei der ersten Version muss manchmal noch etwas nachgebessert werden, weil der Geschmack noch nicht 100% authentisch ist oder die Konsistenz noch nicht ganz stimmt. Das Gericht wird dann meist im zweiten Anlauf produziert, also gekocht und fotografiert.

Und zum Schluss, was sind eure veganen Lieblingsgerichte?

Stefanie: Daran hat auch die vegane Ernährung nichts geändert: Curry-Nudeln! Das ist eine Spezialität meiner Mama, die sie immer zu Weihnachten gekocht hat. Heute kocht sie sie immer noch, nur eben vegan, und sie sind immer noch unglaublich fein. Ansonsten bin ich ein Fan von mexikanischem Essen wie Tacos oder Enchiladas. Pasta geht natürlich auch immer, am liebsten Fettuccine Alfredo.

Sam: Bei mir hat sich auch nicht viel verändert. Ich bin ein grosser Fan von italienischem Essen. Spaghetti Bolognese gehört zu meinen absoluten Favoriten und natürlich Pizza.

Stefanie: Aber es gibt so viel gutes Essen, da ist es schwer sich zu entscheiden. Wichtig beim Essen ist, dass es gut schmeckt und Spass macht. Daran ändert auch eine vegane Lebensweise nichts.

Mehr zum veganen Foodblog «The Lucky Tofu» erfahren Sie hier: www.theluckytofu.com